Kann man einen zu hohen Cholesterinspiegel nur mit der Ernährung konstant senken? Sind Krampfadern ein Risikofaktor für Schlaganfälle? Und wann ist es sinnvoll, die Halsschlagader schallen zu lassen? Diese und andere Fragen beantwortete Neurologe Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Hephata-Neurologie, amam 29. Oktober 2024 beim zweiten Arzt-Patient*innen-Seminar in der Hephata-Klinik.

Das Seminar war Teil des weltweiten Aktionstags Schlaganfall. Dr. Sven Fuest referierte unter dem Titel „Wie kommt es zu einem Schlaganfall und wie kann ich versuchen, dem vorzubeugen?“ Danach hatten die Zuhörer*innen im großen Vortragsraum der Hephata-Klinik die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

„Es gibt leider keine Garantie, dass wenn man ein gesundes Leben führt, man keinen Schlaganfall erleidet. Aber man kann sein Risiko deutlich senken“, so Dr. Fuest zu Beginn seines Vortrages. Auf der Stroke Unit (Schlaganfall-Einheit) der Hephata-Klinik werden jährlich knapp 300 Patient*innen mit Schlaganfall behandelt. Die Stroke Unit der Hephata-Klinik ist neben der in Bad Zwesten die einzige neurologisch geführte im Schwalm-Eder-Kreis. Sie umfasst 13 Plätze. Die Patient*innen werden 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr von einem interdisziplinären Team aus Fachärzt*innen, Pflegefachkräften, Logopäden, sowie Ergo- und Physiotherapeuten betreut. 

Gründungsmitglied im NeuroNetz Mitte

„Wir sind Gründungsmitglied des Neurovaskulären Netzwerks NeuroNetzMitte“, erklärte Fuest. In dem von der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft zertifizierten Netzwerk haben sich 14 Kliniken in Nordhessen und angrenzenden Regionen zusammengeschlossen. Sie stimmen die Diagnose und Behandlung komplexer Schlaganfälle miteinander ab. „Sollten wir Patienten und Patientinnen mit einem Schlaganfall nicht selbst ausreichend versorgen können, weil diese beispielsweise eine Operation benötigen, übernehmen wir die qualifizierte Erstversorgung und verlegen sie nach Kassel.“ 

Die meisten Patient*innen könnten jedoch in der Hephata-Klinik sehr gut versorgt werden. So oder so spreche der Faktor Zeit für eine qualifizierte wohnortnahe Versorgung: „Zehn Sekunden nach einem Schlaganfall funktionieren die betroffenen Nervenzellen nicht mehr. Nach drei Minuten gehen die ersten Nervenzellen zu Grunde, nach zehn Minuten sind die ersten Nervenzellen nicht mehr zu retten. Dies betrifft den Infarktkern. Doch der Bereich um den Infarktkern herum, in dem die Nervenzellen nicht so stark betroffen sind, kann durch eine frühzeitige Therapie trotzdem gerettet und somit bleibende  Beeinträchtigungen minimiert werden.“ 

Wohnortnahe Akutversorgung

Dazu käme in der Hephata-Klinik vor allem die so genannten Lyse-Therapie zum Einsatz, mit der Blutgerinnsel, die ein Gefäß verstopfen, medikamentös aufgelöst werden können. Sie sei das Mittel der Wahl bei den meisten Schlaganfällen, jedoch nur in den ersten vier bis sechs Stunden nach dem Schlaganfall.

„Je schneller ein Patient zu uns kommt, desto besser sind seine Aussichten. Zeit kostet hier Gehirn. Nicht alles, was von alleine kommt, geht auch wieder von alleine und kann im schlimmsten Fall bei einem Schlaganfall das Leben kosten.“

Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Hephata-Neurologie

Die zweite Art von Schlaganfällen, die seltener vorkäme, würde durch eine Blutung im Gehirn, beispielsweise bei einer Kopfverletzung, einer gestörten Blutgerinnung, Arteriosklerose oder auch einem Aneurysma, ausgelöst. „Diese Patienten versorgen wir schnell und qualifiziert und bereiten sie gut auf die Verlegung in ein größeres Zentrum vor.“

Risiken senken

Doch dazu müsse es im Idealfall gar nicht erst kommen: Jeder Mensch habe die Chance, sein Schlaganfall-Risiko zu senken. „Es gibt Faktoren, die können Sie leider nicht beeinflussen, das sind das Alter und genetische Voraussetzungen. Andere Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Cholesterinwerte, Diabetes, Rauchen, Fettstoffwechsel- oder Gerinnungsstörungen können Sie beeinflussen. Zum einen, in dem Sie regelmäßig die Check-Up-Untersuchungen bei Ihrem Hausarzt wahrnehmen und zum anderen, in dem Sie einen gesunden Lebensstil pflegen“, so Fuest. „Selbst wenn Sie 60 Jahre geraucht haben, profitiert der Körper immer noch von einem Rauchverzicht. Es ist nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören, Alkohol- Salz- und Zuckerkonsum zu minimieren, sich gesund zu ernähren und für regelmäßige Bewegung zu sorgen.“ Bereits fünf Einheiten Bewegung pro Woche zu je 30 Minuten, beispielsweise Nordic-Walking, Garten- oder Hausarbeit, könnten das Schlaganfall-Risiko um 25 Prozent senken.

Schnell handeln

Komme es zu einem Schlaganfall, sei es wichtig, diesen schnell zu erkennen. Dafür stellte Fuest die so genannten „BE-FAST-Regel“ vor.

BE-Fast steht dabei für die Anfangsbuchstaben der englischen Wörter

  • Balance (Gleichgewicht),
  • Eyes (Augen),
  • Face (Gesicht),
  • Arms (Arme),
  • Speech (Sprache)
  • Time (Zeit) 

Betroffene oder Angehörige könnten so überprüfen: Liegt eine Gleichgewichts- oder Sehstörung vor? Gehen beim Lächeln beide Mundwinkel synchron nach oben? Können mit geschlossenen Augen beide Arme nach vorne ausgestreckt und gehalten werden? Ist die Sprache deutlich und können Sätze nachgesprochen werden? Und schließlich die Zeitfrage: Wie lange bestehen die eventuellen Symptome? 

„Wenn nur der leiseste Verdacht auf einen Schlaganfall besteht, zögern Sie nicht und rufen Sie den Rettungsdienst.“

Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Hephata-Neurologie

Notfall-Nummer

Schlaganfall-Notfall-Nummer der Hephata-Klinik: 06691 18-2028