Möglichkeiten, mit Menschen zu arbeiten und sie zu betreuen, gibt es bei Hephata viele: In den Geschäftsbereichen Soziale Teilhabe, Jugendhilfe, Soziale Rehabilitation oder in den Förderschulen. Seit mehr als 25 Jahren leben im Haus Maranatha in Borken (Hessen) Menschen mit Autismus. Gerald Rullmann ist Einrichtungsleiter und seit 1997 im Haus Maranatha tätig. Er gibt Einblicke in seinen Arbeitsalltag. 

Ein Großteil der 19 Bewohner*innen lebt seit der Gründung 1996 noch immer in der Einrichtung – „und das zeigt nicht zuletzt, wie wichtig die Einrichtung für die Menschen ist“, sagt Gerald Rullmann.

Vor etwa 30 Jahren hatten sich betroffene Eltern aus Nordhessen unter dem Namen „Hilfe für das autistische Kind“ zusammengetan mit dem Anliegen, eine Wohneinrichtung für erwachsene Menschen mit Autismus zu schaffen. „Für Autisten im Erwachsenenalter hat es keine Wohnangebote in dieser Region gegeben. Die Menschen waren unterversorgt, die Eltern stießen an ihre Grenzen“, erinnert sich Rullmann. Zunächst wollten sie eine Einrichtung in Eigenregie gründen, bekamen aber den Rat, sich einen Träger zu suchen, und so gingen sie bereits 1990 eine Kooperation mit Hephata ein.

Nach mehrjähriger Planung begann im Jahr 1995 der Umbau des alten Bauernhofes zur Wohneinrichtung. Ein Jahr später zogen die ersten zwölf Bewohner*innen in die Einrichtung. „Aber nicht auf einmal, sondern nach und nach, um ihnen den Einzug so leicht wie möglich zu machen“, erzählt Rullmann. Menschen mit einer Autismus-Störung fallen Veränderungen schwer. Dazu kommt, dass ihre soziale und emotionale Wahrnehmung gestört ist „und viele haben mit Verhaltensauffälligkeiten und anderen Ticks zu kämpfen“, sagt Rullmann. Die Eingewöhnung sei deshalb nicht ganz reibungslos verlaufen. „Wir haben viele Krisen durchgemacht. Hauptsächlich durch aggressive und autoaggressive Ausbrüche, was einmal mehr die belastende Situation für Eltern verdeutlichte“, sagt Rullmann.

„Es ist unser Job, das gewisse Feingefühl zu haben, um ihre Bedarfe zu kennen und zu stillen.“

Gerald Rullmann, Einrichtungsleiter im Haus Maranatha

Erst in den vergangenen 30 Jahren sei mehr über die Krankheit erforscht worden „und man weiß, dass diese Menschen ein gesondertes Umfeld und Zuhause benötigen“, sagt Rullmann. Das habe er selbst während seiner Zeit in Maranatha lernen müssen: „Menschen mit einer Autismus-Störung können nur schwer zeigen und wiedergeben, was in ihnen vorgeht. Es ist unser Job, das gewisse Feingefühl zu haben, um ihre Bedarfe zu kennen und zu stillen und gegebenenfalls bei Ticks und Zwangsstörungen richtig zu reagieren“, sagt Rullmann. Und so bereiten die rund 40 Mitarbeitenden allen Bewohner*innen einen Alltag, der sie in diesen Bedarfen unterstützt. Dazu zählen gemeinsame Mahlzeiten und eine feste Tagesstruktur, die die Klienten und Klientinnen mittlerweile an zwei Standorten in Borken ausüben können.

„Vieles hat auch einfach mit alltäglichen Dingen zu tun“, erklärt Rullmann. Das ist wichtig, damit die Bewohnenden ihre motorischen Fähigkeiten nicht verlernen und dadurch auch einen weitestgehend normalen Alltag mitgestalten können. „Unsere Bewohnenden trainieren diese Fähigkeiten beispielsweise beim Schneiden von Gemüse, Teig zubereiten, Wäsche falten – natürlich immer mit Unterstützung unserer Mitarbeitenden.“ Dabei werde auch gezielt darauf geachtet, dass jeder Bewohnende den Freiraum bekommt, den er aufgrund seiner Beeinträchtigung benötigt, erklärt Rullmann. Einige Bewohnende verbringen gerne Zeit in der Küche, aber das ist nicht immer in der Gemeinschaft aufgrund der unterschiedlichen Bedarfe möglich, „weshalb unsere Mitarbeitenden oft auch alleine mit jeweils nur einem Bewohnenden beschäftigt sind“, sagt er.

Dazu gibt es viele kreative Angebote wie das Basteln von Karten und Weihnachtssternen. „Wir trainieren damit beispielsweise die Handführung, nicht zuletzt ist es wichtig, dass die Klienten und Klientinnen ihre Fähigkeiten behalten.“ Und am Nachmittag gestalten Mitarbeitende und Bewohner*innen deren Freizeit gemeinsam: „Sie haben die Möglichkeit, ins Bewegungsbad zum Schwimmen zu gehen oder aber zu reiten“, zählt Rullmann zwei der vielen Möglichkeiten auf. Natürlich hinge das Angebot auch immer mit dem körperlichen Zustand der Bewohner*innen zusammen.

„Unsere jüngste Bewohnerin ist 25, der älteste 64“, erklärt Rullmann. „Etwas, was uns nun in nächster Zeit natürlich beschäftigen wird, ist das zunehmende Alter unserer Klienten und Klientinnen“, sagt er. Da der Großteil der Menschen mit Anfang 20 in Maranatha eingezogen ist, ist das Thema „Älter werden mit Autismus“ auch neu für die erfahrenen Mitarbeitenden. „Wir werden dann natürlich schauen müssen, wie das Zusammenleben funktioniert bei körperlichem und geistigem Abbau“, sagt Rullmann. Wichtig sei vor allem aber eines: „Dass den Menschen ein Wohnraum gegeben wird, in dem ihnen ein Alltag ermöglicht wird, der sich ihren Beeinträchtigungen anpasst und sie nicht ausgrenzt – dafür war der Bau von Maranatha vor 25 Jahren der einzig richtige Schritt.“

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