Mit seinen kreativen Kochkünsten und seiner offenen und gewinnenden Persönlichkeit hat er das Leben und Arbeiten auf dem Hofgut bereichert.

Wegen der Corona-Pandemie war Michael Ngandas Evangelisches Freiwilliges Internationales Jahr (FIJ) auf zwei Jahre verlängert worden – für beide Seiten ein Gewinn, finden Michael Nganda und Betriebsleiter FranK Radu. Jetzt geht es für den jungen Mann wieder in die Heimat. Im Gepäck hat er nicht nur Erinnerungen, „sondern eine ganz andere Sicht auf das Leben und die Welt“, sagt er. Ein FIJ würde er jedem empfehlen. Der Abschied in Richerode fällt beiden Seiten nur deswegen nicht ganz so schwer, weil schon im Mai eine Rückkehr zur Hephata Diakonie geplant ist. Und bereits im August wird Michael eine Ausbildung zum Bio-Metzger in der Region beginnen. Sein größter Wunsch geht damit in Erfüllung.

Auf dem Hofgut Richerode arbeiten 15 anleitende Mitarbeitende und 56 Menschen mit Behinderungen. Sie bewirtschaften 240 Hektar Land, wovon 80 Hektar Grünland und 80 Hektar Anbaufläche sind. Die Kartoffel-Ernte des Hofguts beträgt jährlich rund 370 Tonnen. Die Kartoffeln werden voll verwertet: B-Ware, die der Handel nicht abnimmt, werden im Hephata eigenen Kartoffelschälbetrieb weiterverarbeitet. Die Schalen dienen als Futter für die Nutztiere.

Dabei ist das Bio-Hofgut, wie auch die anderen vier landwirtschaftlichen Betriebe der Hephata Diakonie, eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM). Außerdem sind die landwirtschaftlichen Betriebe nach den strengen Richtlinien von Bioland zertifiziert und tragen das „Bio-Siegel Hessen“.

In Uganda hatte Michael Nganda eine Kochausbildung gemacht. Über eine Hilfsorganisation bekam er Wind von der Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten. Die Organisation vermittelte ihn dann zur Diakonie Hessen, wo ihm das FIJ bei der Hephata Diakonie auf dem Hofgut Richerode angeboten wurde. In seiner Heimat wohnte er in einer größeren Stadt, „ich war aufgeregt, dass es für mich nun in ein kleines Dorf geht“, sagt Michael. Das abgelegene Hofgut an der B3 zwischen Gilserberg und Jesberg sollte nun sein Zuhause auf Zeit werden. Denn die Wohnung wird dem Freiweilligendienstleistenden von der Hephata Diakonie gestellt. „Das ist mehr als praktisch, ich bin immer vor Ort und musste mich nicht um Zug- oder Bahntickets kümmern, um zu meiner Arbeit zu gelangen“, sagt er. Um zur Arbeit zu kommen, musste er lediglich die Straße überqueren.

Und von einem Arbeitsalltag im Sinne von immer wiederkehrenden und sich wiederholenden Aufgaben könne nicht die Rede sein, so Michael. „Ich habe hier alles irgendwann mal gemacht“, sagt er und lacht. Nach Deutschland kam er auch mit dem Wunsch, mehr über Bio-Landwirtschaft zu erfahren. „Ich war auf dem Acker und habe Kartoffeln gepflanzt und geerntet und bei der weiteren Verarbeitung ausgeholfen, außerdem habe ich einen Gemüse- und Kräutergarten angelegt“, sagt er. So konnte er viel über Bio-Landwirtschaft lernen.

„Ich war auf dem Acker und habe Kartoffeln gepflanzt und geerntet und bei der weiteren Verarbeitung ausgeholfen, außerdem habe ich einen Gemüse- und Kräutergarten angelegt.“

Michael Nganda, FIJler

Außergewöhnliche Situation auf dem Hofgut

Wegen der Corona-Pandemie waren im Frühjahr 2020 nur wenige Klient*innen zum Arbeiten auf dem Hofgut – die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen waren zwischenzeitlich hessenweit vom Land geschlossen worden. Nach und nach, als sich die Lage besserte, hat Michael Nganda dann auch dabei geholfen den neuen Hephata Für-Uns-Foodtruck zu bauen, in dem er das Essen für die Mitarbeitenden kochte und es ihnen im Freien auf dem Hofgut servierte – auch das zunächst eine Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie.

Seine liebste Arbeitsstelle war jedoch die Küche, wo er dann erst alleine und später wieder gemeinsam mit Klient*innen und Mitarbeitenden kochte und „neue Gerichte kreierte“ – zuletzt die Rübchen Samosa, bei denen hessisches Traditionsgemüse (Steckrübe) auf afrikanische Gewürze traf. „Ich konnte hier viel über Kochen, Hygiene und die Arbeit mit Menschen mit einer Beeinträchtigung lernen“, sagt er. In Uganda gebe es eine solche Art von Zusammenarbeit kaum. Anfangs hatte er Berührungsängste, aber mittlerweile „funktioniert es sehr gut. Es ist, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Die Arbeit mit Menschen mit einer Beeinträchtigung ist erfüllend. Sie geben einem viel zurück. Wenn mein Land so eine Organisation für sie hätte, wäre es das beste“, sagt er.

„Es ist, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Die Arbeit mit Menschen mit einer Beeinträchtigung ist erfüllend. Sie geben einem viel zurück.“

Michael Nganda, FIJler

Mit dem FIJ mehr von der Welt sehen

Und das ist nur eine der vielen neuen Erkenntnisse von Michael Nganda. Zum FIJ gehören auch regelmäßige Seminare und Unterrichtsstunden, in denen es unter anderem um Politik, Religion und Sprache geht. „Die FIJ-ler kommen aus unterschiedlichen Ländern. Chile, Peru oder Russland“, erzählt Michael. Im Unterricht habe man auch viele politische und gesellschaftliche Themen diskutiert. Ein Beispiel: „Heute weiß ich zum Beispiel, dass die sexuelle Orientierung nichts über einen Menschen aussagt. Ich denke durch die Gespräche, das Leben und meine Arbeit hier ganz anders“, sagt er. In weiten Teilen Ugandas ist Homosexualität noch immer tabuisiert und homosexuelle Handlungen sind in Uganda strafbar.

„Ich bin sehr dankbar, dass ich mich menschlich weiterentwickeln konnte“, sagt Michael Nganda. Und dankbar sind auch die Mitarbeitenden auf dem Hofgut Richerode, die den Freiwilligendienstleistenden vermissen werden: „Er war eine große Unterstützung – egal, ob bei der Arbeit mit den Klienten oder in der Küche. Bei den Ökofeldtagen war er eine große Inspiration“, sagt Anastasia Schulz vom Hofgut. Zu dieser Großveranstaltung, bei der Hephata mehrere Verpflegungsstände übernimmt, will er im Sommer 2022 wieder zurückkehren und aushelfen. Ob das sein letzter Besuch sein wird? „Nein“, sagt Michael Nganda. Denn eine Ausbildungsstelle als Bio-Metzger  ist dem engagierten jungen Mann in Aussicht gestellt worden – und die Menschen in Richerode wünschen sich natürlich, dass er diese Ausbildung in ihrer Nähe machen kann, um den Kontakt halten zu können. „Es gibt hier für mich noch viel zu lernen“, sagt Michael Nganda.

Das Freiwillige Internationale Jahr

Das Diakonische Jahr im Ausland ist als Freiwilligendienst ein soziales Bildung- und Orientierungsjahr. Die Hephata Diakonie bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit, einen Bundesfreiwilligendienst, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder Freiwilliges Ökologisches Jahr zu absolvieren und damit Gutes für die Menschen und die Umwelt zu tun.

Mehr Infos:
Evangelische Freiwilligendienste
Diakonie Hessen - Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V.
Lessingstraße 13
34119 Kassel
E-Mail: fw@diakonie-hessen.de 
​​​​​​​www.ev-freiwilligendienste-hessen.de​​​​​​​