Erschöpfungsgefühle, verminderte Leistungsfähigkeit, Antriebslosigkeit, ein geringes Selbstwertgefühl – sind nur wenige der Symptome einer schweren Depression. Sie führten dazu, dass Mike A. seinem alten Job nicht mehr nachgehen konnte. Damals wohnte er noch in Bad Wildungen und suchte sich Hilfe beim psychosozialen Zentrum „Treffpunkt“. „Ich war zu dem Zeitpunkt am Ende. Dort bekam ich eine erste Hilfe“, sagt er. Und auch den Rat, sich die Angebote der Sozialen Rehabilitation der Hephata Diakonie anzusehen.

Ein Ziel der Hephata Diakonie ist, eine möglichst weit gehende soziale und berufliche Wiedereingliederung für Klient*innen. Eine Beschäftigung in den Werkstätten soll Klient*innen insofern fördern, dass sie sich der Normalität der Arbeitswelt außerhalb der WfbM wieder annähern. Ein dreiviertel Jahr war Mike A. auf der Warteliste für einen WfbM-Platz in der Für Uns-Manufaktur in Fritzlar, sagt er. Dort machte er dann den ersten Schritt in ein selbstbestimmtes Leben:

In der Manufaktur habe er zunächst Schreinerarbeiten ausgeübt. Diese Arbeiten halfen ihm, „um mich wieder an ein normales Leben und einen Arbeitsalltag zu gewöhnen“, sagt er. Zweieinhalb Jahre war er in der Werkstatt beschäftigt, bis er den nächsten Schritt wagte. Gemeinsam mit dem Sozialdienst entschied er, dass er wieder bereit für den freien Arbeitsmarkt sei, sagt er.

„Wir haben dann geschaut, was vorstellbar ist und wo meine Stärken liegen“, so der 48-Jährige. Nach Beschäftigungen bei einer Spedition als Ladehelfer und einem gemeinnützigen Verein als Fahrdienstleister, rückte das DRK und damit der Katastrophenschutz in Fritzlar in den Fokus. Denn: Trotz seiner psychischen Beeinträchtigung bekleidet Mike A. schon seit vielen Jahren ein Ehrenamt beim DRK. „Ich hatte schon immer das Interesse mich zu engagieren“, sagt er. Beim Katastrophenschutz brachte er sich zunächst über die Betriebsintegrierte Beschäftigung (BiB) als Lagerhelfer ein, später übernahm er dann Verwaltungsaufgaben, die er bis heute selbstständig ausübt, erklärt Reinhard Kremser, Schirrmeister beim Katastrophenschutz. „Mike ist jemand vom Fach. Er erledigt seine Aufgabe ohne Hilfestellung. Für uns ist er ein Glücksfall.“

Zu seinen Aufgaben zählen Telefon-, und Spendenanfragen, Rechnungsarbeiten, Materialbeschaffung und vieles mehr. Nicht zuletzt bei der Naturkatastrophe in Ahrweiler war er eine feste Stütze, sagt Kremser. Seine Arbeit erledigt Mike A. während seiner 35-Stunden-Woche. Das Beschäftigungsentgelt erhält er von der Werkstatt und ist auch über diese sozialversichert, erklärt Kremser.

„Mike ist jemand vom Fach. Er erledigt seine Aufgabe ohne Hilfestellung. Für uns ist er ein Glücksfall.“

Reinhard Kremser, Schirrmeister beim Katastrophenschutz

Ob sich seine Krankheit auf seine Arbeit auswirkt? Davon sei weitestgehend nichts zu spüren, sagt Kremser. „Natürlich gibt es Wellenbewegungen bei einer psychischen Erkrankung. Aber wir kennen einander und merken, wenn etwas nicht stimmt. Und mittlerweile weiß man auch, wie man dann miteinander umgeht“, so Kremser. Außerdem werden Beschäftigte auf ihren BiB-Plätzen regelmäßig von Sozialarbeiter*innen der Sozialen Rehabilitation besucht. Und mittlerweile fühle er sich auf seinem BiB-Platz so wohl, dass er selbst Schulungen gibt. „Sein Steckenpferd sind die Motorradausbildungen“, sagt Kremser. Diese Schulungen bietet Mike A. jährlich mit einem weiteren Kollegen an. „Hier habe ich Arbeit gefunden, die mir Spaß macht und hier wird Rücksicht auf meine Bedürfnisse genommen. Mit dem Angebot habe ich wieder zurück ins Leben gefunden.“

Betriebsintegrierte Beschäftigung

Eine Betriebsintegrierte Beschäftigung (BiB) ist eine Kooperation einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) mit einem anderen Unternehmen. Ziel der Kooperation ist es, Menschen mit Behinderungen oder psychischen Beeinträchtigungen weiter zu qualifizieren und ihnen eine Chance auf eine Festanstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu eröffnen. Einer BiB geht ein Praktikum voraus, das in der Regel zwischen drei Wochen und drei Monaten dauert. In dieser Zeit lernen sich die Beschäftigten und der Betrieb kennen.

Die Dauer der Betriebsintegrierten Beschäftigung wird individuell vereinbart. In dieser Zeit werden die Menschen am Arbeitsplatz von Fachkräften für berufliche Integration der betreut. Der Geschäftsbereich Soziale Teilhabe unterstützt Menschen mit Behinderungen bei der Suche nach einer Betriebsintegrierten Beschäftigung. Menschen mit Suchterkrankungen oder psychischen Erkrankungen werden durch den Geschäftsbereich Soziale Rehabilitation unterstützt.