Metall-Werkstatt
Arbeiten in der Metall-Werkstatt in Ziegenhain
„Irgendetwas müssen wir ja richtig gemacht haben. Der erste gebaute Anhänger der Werkstatt fährt noch immer“, sagt Martin Burger, Abteilungsleiter der Hephata-Metall-Werkstatt in Ziegenhain. Die Anhänger sind heute ein Aushängeschild der Metall-Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Doch nicht nur die sind das Ergebnis der qualitativ hochwertigen Arbeit von 105 Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen, die in der Werkstatt Teilhabe am Arbeitsleben und einer Gemeinschaft erfahren.
Einer, der sich in der Metall-Werkstatt und an seinem Arbeitsplatz in Ziegenhain wohlfühlt, ist Mark Müller. Der 48-Jährige kommt aus Fulda und ist hörgeschädigt. Als Schweißer in der Werkstatt (WfbM) ist er einer von 30 Mitarbeitenden, die gemeinsam mit den 105 Menschen mit Behinderungen die Arbeit leisten. Sein beruflicher Werdegang zeigt, dass sich die WfbM in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert hat: Sie bietet einem geschützten Raum für Menschen mit Behinderungen und öffnen sich gleichzeitig dem freien Arbeitsmarkt.
„Es war nicht immer gut“, macht Mark Müller mit Hilfe von Gebärdensprache deutlich. Als Leiharbeiter habe er bereits in vielen Industriefirmen gearbeitet. Mit seiner Beeinträchtigung alleine mehr als acht Stunden lang an einer Maschine zu stehen – ohne, dass ihn jemand versteht, ohne, dass jemand mit ihm spricht – man kann sich den Arbeitsalltag kaum trister vorstellen. „Es hat mir nicht gefallen“, deutet er – die Chancen auf einen anderen Job standen für ihn aufgrund seiner Hörschädigung nicht gut, lässt er wissen. Bemühungen ihm sein Arbeitsumfeld angenehmer zu gestalten, habe es seitens seiner damaligen Arbeitgeber nicht gegeben.
2016 dann die Kehrtwende: Er heiratete seine Frau aus Schwalmstadt und seine Schwiegermutter gab ihm den Tipp, sich mal bei der Hephata-Metall-Werkstatt in Ziegenhain zu bewerben. „Jackpot“ – lacht Müller. Sie suchten einen Produktionsmitarbeiter im Metallbereich. In der Werkstatt schweißt Müller nun seit einigen Jahren unter anderem die Rahmen für die Anhänger zusammen. Und während der Arbeit ist er nun unter Kollegen, die ihn verstehen. Denn neben Müller gibt es einen weiteren gehörlosen Mitarbeiter und einen gehörlosen Beschäftigten – in der Mittagspause kickern sie gemeinsam oder lassen das letzte Fußballspiel Revue passieren. Es kommt auch vor, dass sie gegenseitig als Dolmetscher fungieren – aber nicht alleine das: Die Mitarbeitenden in der Metall-Werkstatt, dazu zählen neben Müller, Sozial-, Pflege- und Personalmitarbeiter*innen, beherrschen teilweise auch Gebärdensprache. „Das Klima und die Arbeitsatmosphäre sind gut“, erklärt Müller und schreibt dann auf einen Zettel das Wort „Glücklich“.
„In der Werkstatt wird auf das Bedürfnis eines jeden Einzelnen geachtet. Es geht in der WfbM nicht darum, Produktionsrekorde aufzustellen oder gar Akkordarbeit.“
Was für Mark Müller eine glückliche Fügung war, ist für die 105 Beschäftigten eine große Chance, einen Platz in der Arbeitswelt zu finden. Dabei stellen Martin Burger und er eines klar: „In der Werkstatt wird auf das Bedürfnis eines jeden Einzelnen geachtet. Es geht in der WfbM nicht darum, Produktionsrekorde aufzustellen oder gar Akkordarbeit.“ Vielmehr ist es das Ziel, den Menschen das Recht auf Arbeit zu ermöglichen und das in einem Raum, der auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. „Es geht darum, sie in dem wertzuschätzen, was sie machen und leisten“, sagt Burger. Und das muss aber im Einklang mit guter Arbeit sein: Neben den langlebigen Anhängern bauen die Beschäftigten unter anderem Gewindestangen für Motorblöcke, Einzelteile für die Solartechnik und Lebensmittelbranche. „Unsere Aufgabe ist es deshalb, jeden Beschäftigten entsprechend zu qualifizieren“, sagt Martin Burger.
Die Hälfte der 105 Beschäftigten sei so selbstständig, dass sie ihren Weg zur Arbeit alleine mit dem Rad oder Wagen meistern. „Der andere Teil wird gebracht und abgeholt“, erklärt Burger. Für den Großteil der Beschäftigten werden die Aufgaben angepasst oder Hilfsmittel entworfen, manche qualifizieren sich so weiter, dass sie einen Job auf dem freien Arbeitsmarkt bekommen. „Dafür ist unsere Werkstatt mit dem Anhängerbau ein guter, vielseitiger Ort, um Beschäftigte im ersten Schritt auf einen BiB-Platz vorzubereiten und Perspektiven aufzuzeigen“, erklärt Burger.
Die größte Investition seit 30 Jahren
Die Metall-Werkstatt der Sozialen Teilhabe in Ziegenhain ist 2012 fertiggestellt worden und sie war das größte Bauprojekt Hephatas der vergangenen 30 Jahren. Zuvor wurden diese Arbeiten in den Werkstätten am Lindenplatz in Treysa von Klient*innen und Mitarbeitern ausgeübt. In der Metall-Werkstatt arbeiten derzeit insgesamt 135 Menschen mit und ohne Behinderungen in den Bereichen Zerspanung, Metallfertigung, Anhängerbau, Industriemontage, Hauswirtschaft, sowie in einer Tagesförderstätte.