Nicht jeder epileptische Anfall ist gleichzusetzen mit der Diagnose Epilepsie. Jedes Gehirn kann einen epileptischen Anfall erleiden, wenn der betreffende Reiz stark genug und passend ist. Symptome können von Patient*in zu Patient*in sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Und genauso vielfältig sind die medikamentösen Therapien, die passgenau zur jeweiligen Epilepsieform empfohlen werden: Die Liste der manchmal überraschenden Fakten, die es rund um das Thema „Was passiert bei einem epileptischen Anfall im Kopf?“ gab, war lang.

„Heute wissen wir, es gibt fast genauso viele Epilepsieformen wie Menschen, die Epilepsie haben“, so Sven Fuest. Im Schnitt ist das einer von 100. Gemeinsam mit Pflegefachkraft Krischan Assböck, Leiter der Epilepsie-Beratungsstelle der Hephata-Klinik, gab er während des Abends einen Überblick über medizinisches Basiswissen und Tipps für den Alltag mit Epilepsie. Dabei ging Fuest zunächst auf das Zusammenspiel von überreizten Nervenzellen und Synapsen bei der Entstehung von epileptischen Anfällen ein.

Die Symptome könnten dabei neben Krampfanfällen von motorischen Einschränkungen über Sensibilitätsstörungen, wie ein Kribbeln im Arm, visuelle Sehstörungen, wie auch bei Migräne, Hörhalluzinationen und Geschmacksstörungen, bis hin zu Konzentrationsschwierigkeiten und Lücken im Kurzzeitgedächtnis reichen. Die Ursachen der Anfälle bildeten ebenfalls ein weites Spektrum ab, neben strukturellen Fehlbildungen des Gehirns, genetischen und infektiösen Ursachen, beispielsweise durch das Herpes-Virus, könnten auch Tumore, Erkrankungen der Leber und Autoimmunkrankheiten verantwortlich sein. „Bei einem Drittel der Patient*innen finden wir aber leider keine Ursache“, so Fuest. Genauso differenziert wie die Symptome und Ursachen sei dann auch die Therapie zu betrachten. Dabei gebe es heute nicht das eine Epilepsie-Medikament für alle, sondern sei häufig das Ausprobieren verschiedener Optionen nötig.

„Die Beobachtung und Beschreibung der Symptome und ihrer Begleitumstände sind für uns das wichtigste Instrument, um epileptische Anfälle diagnostizieren, einordnen und auch gezielt behandeln zu können.“

Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Fachklinik für Neurologie

Krischan Assböck ging auf die psychosozialen Faktoren der Erkrankung ein: „Betroffene müssen nicht nur mit den Anfällen klarkommen, sondern auch mit allem, was noch drumherum ist.“ Angefangen von Fragen zur Familien- und Berufsplanung, über Fragen zur Fahrerlaubnis und dem Führen von Maschinen bis hin zu möglichen Nebenwirkungen von Therapien. „Es gilt, die Balance zu finden, zwischen einer hohen Lebensqualität und einer guten Anfallsfreiheit“, so Assböck.

Diese immer wieder neu auszuloten und zu halten, sei das Ziel der Therapie. Sven Fuest: „Patientinnen und Patienten können dies maßgeblich unterstützen. Informieren Sie sich, fragen Sie nach und besprechen Sie die Vor- und Nachteile von Therapien mit Ihren behandelnden Ärzt*innen. Werden Sie zu Expertinnen und Experten ihrer eigenen Erkrankung.“

  • Das nächste Arzt-Patient*innen-Seminar findet am Dienstag, 29. Oktober, von 18 bis 20 Uhr im Konferenzraum im Erdgeschoss der Hephata-Klinik, Schimmelpfengstraße 6, 34613 Schwalmstadt-Treysa, statt. Der Zugang ist über den Haupteingang barrierefrei möglich. Kostenlose Parkmöglichkeiten gibt es rund um das Treysaer Gesundheitszentrum.  

Epilepsieberatung

Die Beratung von Betroffenen und Angehörigen in der Epilepsieberatungsstelle der Hephata-Klinik ist kostenlos und auf Wunsch auch anonym möglich. Die Beratung umfasst alle Bereiche des Lebens mit Epilepsie sowie die Unterstützung bei Antragsstellungen.