Schichtwechsel: LWV Hessen
Die andere Seite besser kennenlernen
„Das war eine wunderbare Erfahrung, es hat richtig Spaß gemacht“, sagt Birgit Behr. Die Funktionsbereichsleiterin Aus- und Fortbildung war eine von vier Mitarbeiter*innen des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV Hessen), die im Wechsel mit fünf Klient*innen der Hephata Diakonie am bundesweiten „Aktionstag Schichtwechsel“ teilnahmen.
„Es ist gut, mal die andere Seite kennenzulernen – zu sehen, was mit dem Geld passiert, das der LWV bewilligt , was damit gemacht wird und wie es den Menschen geht“, so Birgit Behr. Gemeinsam mit ihren Kollegen Peter Römer, Johannes Knull und Diego Cresencio Cabelan besuchte sie am vergangenen Donnerstag die Hephata-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) in Fritzlar, Ziegenhain und Treysa.
Für Peter Römer war die Arbeit in der Für Uns-Manufaktur Fritzlar, eine Einrichtung der Sozialen Rehabilitation für Menschen mit psychischen- und/oder Suchterkrankungen, eine vollkommen neue Erfahrung: „Als Verwaltungsfachangestellter habe ich viel mit der Digitalisierung von Akten zu tun“, so der 32-Jährige. „Hier sieht man mal die Gesichter, die zu einer Akte des LWV gehören.“ Fasziniert ließ er sich von Hephata-Klient Kurt Eubel die Arbeit an der Hobelbank in der Für Uns-Manufaktur zeigen.
Seine Kollegen Johannes Knull und Diego Cresencio Cabelan sahen sich derweil die Metall-WfbM der Sozialen Teilhabe (ehemals Behindertenhilfe) Hephatas in Ziegenhain an. „Ich wollte gern mal sehen, für wen wir beim LWV arbeiten“, so Cresencio Cabelan, der eine Ausbildung als Fachinformatiker absolviert.
„Es ist schön, wenn sich jemand für unserer Arbeit interessiert“, sagte Kristin Sakarjan. Sie ist Beschäftigte in der Besen- und Bürstenmacherei in der WfbM der Sozialen Teilhabe in Treysa. Hier zeigte sie Birgit Behr die letzten Handgriffe zur Herstellung ihrer eigenen Bürste. Birgit Behr: „Danke, dass ich die mit nach Hause nehmen darf – und dazu viele wertvolle neue Eindrücke von heute.“
Zeitgleich zu den Besuchen in den Hephata-Werkstätten waren fünf Klient*innen Hephatas zum LWV nach Kassel gereist. Hier wurden sie vom persönlichen Referenten der Landesdirektorin, Frank Nikutta, und Nadine Arlt, Funktionsbereichsleiterin Personalhaushalt, willkommen geheißen, die später auch mit dem Hephata-Besucher*innen zu Mittag aßen und über Arbeitswelten und Perspektiven sprachen.
Klient*innen der Soziale Rehabilitation
Drei Klient*innen der Sozialen Rehabilitation schauten sich mit der Hephata-Fachkraft für berufliche Integration, Kirsten Happel, die Poststelle und Leistungsabrechnung des LWV an. Stefanie Erhard: „Das ist ein toller Tag, ich bin jetzt von den ganzen Eindrücken überrannt.“ Auch Katharina Aue zeigte sich von der Größe des LWV und der Bereiche beeindruckt: „Dass der LWV so groß ist, habe ich nicht gedacht. Meine Akte muss ja von ganz vielen Händen bearbeitet werden. Die Arbeit in der Poststelle hat mir am besten gefallen.“ Ihr Kollege Klaus Astheimer lernte den Teilhabefachbereich des LWV kennen: „Ich habe viele Eindrücke sammeln können. Die Arbeit ist sehr interessant und ich konnte in meine eigene Akte blicken. Ich gehe mit vielen positiven Eindrücken und Erfahrungen nach Hause. Dieser Schichtwechsel war für mich eine echte Bereicherung.“
Klient*innen der Sozialen Teilhabe
Ebenfalls beim LWV unterwegs waren zwei Klienten der Sozialen Teilhabe (ehemals Behindertenhilfe) der Hephata Diakonie, die von Kira Lichtenfels, Fachdienst für berufliche Integration und Leiterin des Sozialdienstes, begleitet wurden. Sven Fuchs, stellvertretender Vorsitzender des Werkstattrates, wollte sich vom Tag überraschen lassen. Patrik Schmidt, Vorsitzender des Werkstattrates, hatte sich Konkreteres vorgenommen: „Die haben da wahrscheinlich meine Akte, die würde ich gerne sehen. Mal gucken, ob das stimmt.“ Die beiden bekamen dann Einblicke in das Tätigkeitsfeld der Hausmeister. Unter anderem machten sie einen Rundgang durchs Lager und die Heizungsanlagen, sahen sich das Möbellager und die Schreinerei, die Garagen und Dienstwagen des LWV, sowie das Archiv, die Registratur, Poststelle und Konferenzräume an.
Die Fazits auf der Rückfahrt nach Schwalmstadt? Sven Fuchs: „Ich hatte sehr viel Spaß mit den beiden Hausmeistern, die Gebäude sind riesig und hier gibt es für die beiden wirklich viel zu tun. Am besten fand ich den Sitzungssaal mit den schicken Stühlen, dem großen Beamer, einem Rednerpullt und einem Mikrofon. Hier würde ich gerne die Sitzungen mit dem Werkstattrat abhalten. Man kommt auch mit dem Rollstuhl rein und es ist viel Platz.“ Und Patrik Schmidt hatte wirklich seine Akte überprüft: „Ich habe meine Akte gesehen, davon gibt es hier Berge. Aber ich könnte hier vielleicht arbeiten, an einem PC.“
Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
Die Hephata-Werkstätten (WfbMs) sind staatlich anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Sie ermöglichen Menschen die Teilhabe an Arbeit, bei denen aufgrund einer Behinderung eine Ausbildung, Qualifizierung oder Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht oder noch nicht möglich sind.
Bei der Hephata Diakonie gibt es Werkstätten in den Geschäftsbereichen Soziale Rehabilitation und Soziale Teilhabe (früher Behindertenhilfe). Hier sind Menschen beschäftigt, die körperliche, geistige oder seelische Behinderungen und/oder Abhängigkeitserkrankungen haben oder davon bedroht sind. Die Standorte der Werkstätten sind in Fritzlar, Ziegenhain, Treysa, Jesberg, Spangenberg, Leuderode, Alsfeld und Breitenbach am Herzberg.
Der Einstieg in die Hephata-WfbMs ist der Berufsbildungsbereich, der sich in drei Monate Eingangsverfahren und 24 Monate Berufsbildung untergliedert. Danach folgt der Arbeitsbereich mit verschiedenen Arbeitsfeldern. Hier werden auch arbeitsbegleitende Maßnahmen (beispielsweise Fortbildungen, Sport- und Kreativ-Angebote) angeboten. Menschen, die aufgrund ihrer Behinderungen keiner regelmäßigen Tätigkeit in den WfbMs nachgehen können, besuchen tagesstrukturierende Alternativangebote.
In der WfbM der Sozialen Rehabilitation gibt es die Arbeitsfelder Schälbetrieb, Schreinerei/Drechslerei, Hauswirtschaft, Landwirtschaft, Garten-/Landschaftsbau, Aktenvernichtung und -digitalisierung, Abpackung, Digitaldruck, Versand, Metallverarbeitung, Montage und Dienstleistung. In der WfbM der Sozialen Teilhabe gibt es die Arbeitsfelder Montage und Verpackung, Gärtnerei, Technische Fertigung mit CNC-Fertigung und Pkw-Anhängerbau, sowie Hauswirtschaft.
In der Sozialen Rehabilitation besuchen 50 Klient*innen den Berufsbildungsbereich, auf Betriebsintegrierte Beschäftigungsplätzen (BiBs) sind 25 und im Arbeitsbereich 300 Klient*innen beschäftigt. In der WfbM der Sozialen Rehabilitation arbeiten 113 Mitarbeitende in verschiedenen Zeit- und Arbeitsmodellen. In der Sozialen Teilhabe (früher Behindertenhilfe) besuchen 30 Klient*innen den Berufsbildungsbereich, 60 sind auf Betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen (BiBs) und 400 im Arbeitsbereich der WfbM tätig. In der WfbM der Sozialen Teilhabe arbeiten 150 hauptamtliche Mitarbeiter*innen in verschiedenen Zeit- und Arbeitsmodellen.