
LernAcker
Praxisnahes, digitales und lebensweltorientiertes Lernen statt klassischer Frontalunterricht
Landwirtschaft erleben, Wissen be"greifen"
Die Schüler der Landwirtschaftsklasse an der Berufsschule Hephata und ihre Lehrkräfte nutzen im Unterricht die selbst entwickelte App „LernAcker“ und integrieren das bekannte Computer-Simulationsspiel „Landwirtschaftssimulator“ in ihre Unterrichtseinheiten.
Der Landwirtschaftssimulator (LS22) bildet realitätsgetreu alle Bereiche der modernen Landwirtschaft ab – ideal, um theoretische Inhalte spielerisch und praxisnah zu vermitteln. Doch seine Komplexität stellt eine Hürde dar. Deshalb haben sich die Lehrkräfte gefragt: Wie können wir den LS22 so aufbereiten, dass er für alle Lernenden zugänglich wird – unabhängig von Vorerfahrung oder Unterstützungsbedarf? Die Antwort hat das Team selbst entwickelt: mit der LernAcker-App. Die App bildet das Zentrum des Unterrichts in der Landwirtschaftsklasse und verbindet
- Unterrichtsaufgaben
- Aufgaben im Alndwirtschaftssimulator LS22
- und reale Arbeit auf dem Hofgut Richerode und dem Gemüse-Acker in der Schule.
„Mission Weizen“ oder „Mission Rind“ heißen die Lerneinheiten beispielsweise, die die Klasse mit ihren Lehrer*innen Lorenz Margraf, Kim Bauer und Kerstin Seeger absolvieren. Sie bestimmen den pH-Wert von Böden, um entsprechend den Dünger-Bedarf zu berechnen, striegeln Weizenfelder und ernten Getreide – alles virtuell. Sogar die Maschinen und Traktoren, die auf dem Hofgut Richerode im Einsatz sind, wurden im PC-Spiel 1:1 nachgebildet, inklusive Kennzeichen.
Die Idee, den Landwirtschaftssimulator in den Unterricht zu integrieren, hatte Schulleiter Sascha Gömpel. Er spielt selbst auch gerne seit vielen Jahren und hat sich gemeinsam mit dem Projektteam die Frage gestellt: „Was können wir tun, damit die Schüler gerne hierherkommen?“ Die Idee scheint genau die richtige gewesen zu sein, denn: „Jetzt müssen wir ihnen immer sagen, dass die Schule leider zu Ende ist“, so Gömpel. Aus der Idee wurde das Konzept „LernAcker“: eine Kombination aus einer eigens programmierten App und dem Landwirtschaftssimulator. Und aus der Idee, Kontakt zum Spiele-Entwickler „Giants Gaming“ und der Firma „Caseking“, einem Hersteller für Gaming-PCs, aufzunehmen, wurde inzwischen ein echtes Großprojekt.
Lernen durch Erleben - warum es wirkt
- Erfahrungsbasiertes Lernen (vgl. Dewey, Kolb) steigert Motivation, Behaltensleistung und Handlungsfähigkeit.
- Gamification (vgl. Basten, 2022) erhöht durch spielerische Elemente wie Missionen, Belohnungen und Progression nachhaltig die Motivation und das Engagement.
- Transfer in die Realität: Gelerntes lässt sich auf echte Arbeitsabläufe auf dem Hof und dem Gemüse-Acker, der sich in der Berufsschule befindet, übertragen.
- Fehler als Helfer: Fehler im Spiel sind ausdrücklich erlaubt und werden als Lernchancen genutzt – ohne reale Konsequenzen.
„Ein Traum wird wahr“
„Der Landwirtschaftssimulator ist Teil des Unterrichts “
So lernen wir
„Wir verbinden im Unterricht die drei großen Felder Berufsschulunterricht, Praxis und Landwirtschaftssimulator“, sagt Kim Bauer. Gemeinsam mit Abteilungsleiter Sascha Gömpel, ihrem Kollegen Lorenz Margraf und ihrer Kollegin Kerstin Seeger hat sie den „LernAcker“ entwickelt.
Die App „LernAcker“ ist daher in einzelne Lerneinheiten aufgeteilt: „Mission Weizen“ oder „Mission Rind“ heißen die Lerneinheiten beispielsweise, die die Klasse mit ihren Lehrer*innen absolviert. „Die übergeordnete Aufgabe lautet: Bewirtschafte deinen eigenen Hof“, fasst Lorenz Margraf zusammen. Die Schüler bestimmen also beispielsweise den pH-Wert von Böden, um entsprechend den Dünger-Bedarf zu berechnen, striegeln Weizenfelder und ernten Getreide – alles virtuell. Sogar die Maschinen und Traktoren, die auf dem Hofgut Richerode im Einsatz sind, wurden im PC-Spiel 1:1 nachgebildet, inklusive Kennzeichen. „Das alles sind die realen Aufgaben, die die Schüler auch in der praktischen Ausbildung auf dem Hof absolvieren“, so Margraf. „Das „LernAcker“-Projekt an der Berufsschule Hephata ist das erste weltweit, das den Landwirtschafssimulator so im Ausbildungsbereich einsetzt“, sagt Abteilungsleiter Sascha Gömpel.
„Das „LernAcker“-Projekt an der Berufsschule Hephata ist das erste weltweit, das den Landwirtschafssimulator so im Ausbildungsbereich einsetzt.“
Dieses einzigartige Projekt wurde 2024 vom Institut für Universal Design ausgezeichnet. Der „LernAcker“ erhielt sowohl von der Experten- als auch von der Publikums-Jury eine Auszeichnung und darüberhinaus noch den begehrten „Gold-Award“, der im vergangenen nur dreimal vergeben wurde.
Die Preisverleihung fand auf dem Hofgut Richerode bei Jesberg statt, wo die Schüler der Landwirtschaftsklasse den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. Carolin Pauly, Geschäftsführerin des Instituts für Universal Design, überreichte die Urkunde. „Drei Awards zu bekommen, ist schon eine außerordentliche Leistung. Ihr habt mit dem ‚LernAcker‘ etwas Tolles auf die Beine gestellt“, sagte sie. „Vor allem der Gold-Award ist etwas ganz Besonderes.“ Verliehen wurden die Universal Design Awards im September 2024 während der Hephata-Festtage in Treysa. Im Kirchsaal präsentierten die Unternehmen und Organisationen ihre Einreichungen. Einen Tag lang begutachtete und bewertete eine Experten-Jury die Exponate. Während der Festtage hatten die Besuchenden der Veranstaltung die Möglichkeit, als Publikums-Jury die Einreichungen zu bewerten. Rund 500 Besucherinnen und Besucher nutzten die Chance, alle Exponate ausgiebig zu testen und Punkte für ihre Favoriten zu verteilen. Der Universal Design Award wird für Produkte, Architekturprojekte und Dienstleistungen verliehen, die so gestaltet sind, dass sie von möglichst vielen Menschen ohne weitere Anpassung oder Spezialisierung genutzt werden können. „Wie kann man Lernen so gestalten, dass es universell möglich ist: Diese Frage habt ihr mit dem ‚LernAcker‘ beantwortet“, erläuterte Carolin Pauly die Entscheidung der Jury, das Projekt auszuzeichnen.
Das Projekt fand auch beim Hersteller des „Landwirtschaftssimulators“, Giants, und beim PC-Hersteller Caseking großen Anklang. Caseking stellte der Berufsschule Hephata in diesem Frühjahr fünf Gaming-PCs inklusive Zubehör wie beispielsweise Lenkräder zur Verfügung. Giants produzierte im Sommer 2024 einen Videobeitrag mit einem der bekanntesten deutschen Gaming-Influencer, der gemeinsam mit den Schülern vor der Kamera stand.
Auch die "Hessenschau" berichtete über den "LernAcker".
Berufsschule Hephata
Die Berufsschule Hephata ist die Berufsschule der Hephata-Förderschulen für Jugendliche mit Förderbedarf, die keine Regel-Berufsschulen besuchen können. Die staatlich anerkannte Berufsschule besuchen aktuell 165 Schülerinnen und Schüler. Diese werden als Fachpraktiker in den Bereichen Metall, Schweißwerken, Holz, Farbe, Garten- und Landschaftsbau, Hauswirtschaft und Küche ausgebildet. Zudem holen Jugendliche und junge Erwachsene in Kooperation mit der Hephata-Berufshilfe ihren Haupt- oder Realschulabschluss nach.