
Berufliche Orientierung und Qualifikation
"Für mich war es der richtige Weg“
"Ich habe mich anfangs dagegen gesträubt. Ich wollte nicht, dass mich Menschen als behindert sehen“, erinnert sich Willi B.*. Mittlerweile ist der 30-Jährige im zweiten Jahr des Berufsbildungsbereichs (BBB) der Sozialen Rehabilitation Hephatas – und angekommen.
Das war vorher lange Zeit anders. Willi B. hat die Schule mit 17 Jahren ohne Abschluss verlassen. Danach versuchte er vieles: „Ich habe irgendwie schon fast jeden Job als Praktikum gemacht.“ Unter anderem ein halbes Jahr im Metallbau, ein Berufsvorbereitungsjahr im Holzbau, ein Monat auf einem Bio-Bauernhof, zwei Monate in einer weiteren Maßnahme der Agentur für Arbeit - und dann der Zusammenbruch. Willi B. hat mit psychischen Problemen zu kämpfen, die mal mehr und mal weniger Platz in seinem Leben einnehmen. Mit Anfang 20 wird er für mehrere Jahre arbeitsunfähig.
„„Ich hatte problematische Familien-Verhältnisse. Ich hätte sonst vielleicht was anderes erreichen können.““
Mit 24 Jahren zieht er zu Hause aus, versucht sich als Imker. „Dabei habe ich gemerkt, dass ich gut verkaufen kann.“ Das Blatt scheint sich zu wenden: Willi B. hat ein halbjähriges Praktikum im Lebensmittelhandel in der Tasche. Doch nach drei Monaten geht erneut nichts mehr. "Man sieht mir meine Krankheit nicht an, die Leute glauben mir oft nicht. Aber ich bin chronisch depressiv und habe deswegen mehr Ausfallzeiten. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt war schwierig für mich, die Anforderungen sind sehr hoch.“
Dann hört er vom BBB der Sozialen Rehabilitation Hephatas. „Ich habe irgendwann gedacht: Komm, geh halt hin, hast sowieso nichts anderes.“ Mittlerweile ist er im zweiten Jahr des BBB und macht ein Praktikum im SB-Laden auf dem Hephata-Stammgelände. „Ich arbeite vier Stunden am Tag und mache alles, was anfällt: Kommissionierung, Kasse, Frische-Theke. Wenn es gut läuft, kann ich vielleicht nach dem BBB einen Betriebsintegrierten Beschäftigungsplatz bekommen.“
„Herr B. hat sich in den vergangenen Monaten sehr gut entwickelt“, sagt Ute Sieber, Leiterin des Berufsbildungsbereichs. „Wir haben zuerst geschaut, was möchte er und was braucht es dafür, wo sind die Fallstricke der letzten Jahre gewesen. Unser Ziel ist es, dass Herr B. irgendwann Vollzeit arbeiten kann. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, seine Grenzen zu akzeptieren und ihn nicht zu überfordern.“
Für eine Verkaufstätigkeit im Lebensmittelhandel brauchte der 30-Jährige unter anderem eine Infektionsschutzbelehrung, auch theoretisches Wissen in Wirtschaft, Betriebswirtschaft und Controlling. All das bekam er im BBB. „Wir sind hier die Basis, der Motor und die Unterstützung“, so Sieber. Derzeit zählt das BBB 50 Teilnehmer*innen im Alter von 19 bis 63 Jahren, Zweidrittel davon Frauen. Die meisten sind von Abhängigkeitserkrankungen und/oder Depressionen betroffen.
* Der Name ist geändert
„„Ich bin hier viele negative Sachen losgeworden. Meine Angst, Sachen falsch zu machen, ist weniger geworden. Für mich war es der richtige Weg!"“