
Parkinson
Neue Perspektive für Parkinson-Patient*innen
Für Menschen mit fortgeschrittenem Parkinson eröffnet die Hephata-Fachklinik für Neurologie eine vielversprechende Perspektive: eine neue Pumpentherapie. Ewald F.*, erster Patient der Klinik mit dieser Therapie, berichtet bereits von positiven Veränderungen.
„Sie kommen sich vor, als ob sie 200 Jahre alt wären“, sagt Ewald F*. Der 73-Jährige lebt seit 13 Jahren mit der Diagnose Parkinson. In den vergangenen Monaten hat sich sein Zustand verschlechtert. Er ist der erste Patient der Hephata-Fachklinik für Neurologie, der im Juni 2024 eine neue Pumpentherapie erhält. Diese ist erst seit Ende 2023 in Deutschland zugelassen.
„Ich kann wieder besser schmecken. Ich habe den Eindruck, dass eine leichte Verbesserung da ist“, sagt Ewald F. an Tag fünf der neuen Therapie. „Es war am ersten Tag faszinierend, dass ich fast keine Überbeweglichkeit mehr hatte.“ Anders als es die umgangssprachliche Bezeichnung von Parkinson – Schüttellähmung – vermuten lässt, sind Betroffene nicht gelähmt. Vielmehr haben sie Probleme damit, Muskeln gezielt aktivieren oder auch ungewollte Bewegungen koordinieren zu können. Sie leiden hauptsächlich unter Gangstörungen, verlangsamten Bewegungsabläufen, Muskelsteifheit, aber auch Überbeweglichkeit und einem Zittern der Hände, Beine und des Kopfes.
„Herr F. ist der erste Patient, der von uns die neue Pumpentherapie erhält“, sagt Neurologe Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Hephata-Neurologie.
„Das ist ein Therapieverfahren, das deutschlandweit noch neu ist. Wir erhoffen uns damit für Patientinnen und Patienten mit einem fortgeschritten Krankheitsverlauf neue Perspektiven und sind sehr gespannt, wie weit wir den Krankheitsverlauf dadurch positiv beeinflussen können.“
Für den Einsatz der Therapie wurden Ärzt*innen und Pfleger*innen der Hephata-Fachklinik extra geschult. Genauso wie Ewald F. und seine Frau. Denn sie wenden die neue Pumpentherapie nach einer Probezeit in der Klinik selbst zu Hause an. Die ambulante Begleitung übernimmt die Hephata-Klinik, deren Patient Ewald F. seit vier Jahren ist.
„Die Pumpe gibt kontinuierlich und 24 Stunden am Tag das Medikament ins Unterfettgewebe des Patienten ab. Die Dosierung kann dabei jeweils an die erwartete körperliche Belastung angepasst werden und sorgt so für einen gleichbleibenden Wirkstoffspiegel, ähnlich einer Insulinpumpe“, so Dr. Fuest. Unter anderem, weil bei Parkinson-Patient*innen die Wirkstoffaufnahme über den Magen gestört sein kann, bedeutete die bislang etablierte Pumpentherapie, dass zunächst in einer Operation durch die Bauchdecke eine Sonde direkt in den Dünndarm gelegt werden musste. Über sie gelangte dann das Medikament in den Körper. „Da ich im Schlaf unkontrollierte Bewegungen mache, hätte ich mir die Sonde rausreißen können. Das wäre zu Hause zu gefährlich gewesen“, so Ewald F. „Ich habe mit der neuen Therapie die Hoffnung, dass die Kontinuität der Phasen besser wird, in denen es mir gut geht.“
Das ging es lange Zeit. Erste Veränderungen bemerkte Ewald F. mit 50 Jahren. „Ich war ein bisschen müde, hatte starke Kopfschmerzen und atypische Gesichtsschmerzen, ansonsten aber keine körperlichen Probleme.“ Es folgten zahlreiche Arztbesuche und auch Phasen, in denen es ihm besser ging, bevor er mit Anfang 60 die Diagnose erhielt und seitdem auch Medikamente nahm. „Ich konnte lange Zeit noch Rad- und Autofahren, habe viel Sport gemacht, auch gerne gemalt. Doch je älter man wird, desto mehr nehmen die Symptome zu.“
Ewald F. benötigt schon länger die Unterstützung eines Pflegedienstes. Das Lesen fällt ihm schwerer, er ist vergesslicher geworden, seine Stimme leiser. Das Auto bleibt in der Garage, das Dreirad für Erwachsene auch, seit ein paar Monaten benötigt er einen Rollator. „Ich konnte zuletzt nicht mehr gut laufen und habe zu Hause einen Unfall nach dem anderen gebaut.“ Auf dem Krankenhausflur dreht er nun mit der Gehhilfe wieder vorsichtig die ersten Runden. „Man muss so gut es geht in Bewegung und optimistisch bleiben, auch wenn ich weiß, dass ich den Kampf nicht gewinnen kann, sondern bestenfalls einen Put raushole. Ich gebe nicht auf.“
*Name von der Redaktion geändert.
Parkinson
Parkinson ist die zweithäufigste chronisch verlaufende neurologische Erkrankung nach Demenz. In Deutschland geht man von 400.000 Betroffenen aus, die meisten erhalten die Diagnose zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr. Männer erkranken doppelt so häufig wie Frauen. Zusätzlich zu den Hauptsymptomen können Riech-, Geschmacks- und Sehstörungen, Abgeschlagenheit, ein starrer Gesichtsausdruck, eine leise Stimme, Gleichgewichts-, Schluck-, Schlaf- und Sprachstörungen sowie Depressionen auftreten. Die Symptome können im Tagesverlauf variieren und nur schwach oder auch stark ausgeprägt sein. Ursache für die Symptome ist das Absterben von Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin herstellen, der für die Signalübermittelung zwischen Gehirn und Muskulatur wichtig ist. Parkinson ist aktuell nicht heilbar, der Verlauf kann jedoch durch Medikamente verlangsamt werden.

Ines Baumann
Gesundheits- und Krankenpflegerin; Pflege-Leitung Neurologie